Die Geschichte des Karate-Do

Die Anfänge in China
Viel ist in der Geschichte der aus China stammenden Kampfkünste noch unklar und vieles bedarf noch einiger Erklärungen. Es gibt einige Theorien, die sich zum Teil auf mündlicher Überlieferung, zum anderen Teil auf einigen wenigen Schriften und Wandmalereien begründen. Eine dieser Theorien wie die Kampfkünste entstanden sein könnten, möchten wir hier vorstellen.

Der Mensch neigt seit seiner Entstehung zur Gewalt. Dies entwickelte sich im Laufe der Geschichte weiter. Es wurden Wettkämpfe ausgetragen. Man weiß, dass im 12. und 13. Jh. vor Christus bereits waffenlose Ringkämpfe ausgetragen wurden. Zur militärischen Ausbildung wurde diese Ringkampftechniken ebenfalls genutzt und einige wurden später in bestimmten Formen in die Techniken der Shaolin aufgenommen.

Bodhidharma, der 28. Nachfolger Buddhas und Begründer des Zen-Buddhismus

Im Jahre 523 n.Chr. soll der Mönch Bodhidharma, der 28. Nachfolger Buddhas und Begründer des Zen-Buddhismus, während einer Pilgerreise zu dem Kloster „Shaolin“ („Kloster des kleinen Waldes“) auf dem heiligen Berg Sung-shan in der nördl. Provinz Chinas gekommen sein. Er entschloss sich eine Weile zu bleiben und lehrte die Mönche den Zen-Buddhismus und Gymnastische Kampfübungen (Shi-pa Lo-han-sho-achtzehn Hände der Lohan). Man nimmt an, dass diese 18. Übungen den Ursprung aller Kampfkünste darstellen. Zur Blütezeit des Klosters (ca. 700 n.Chr.) bevölkerten etwa 1500 Mönche das Kloster, von denen 500 Meister der Kampfkunst waren. Die 18. Übungen wurden im Laufe der Zeit erweitert, bis es eine eigenständige Kampfkunst war, die „Ch’uan-fa“ (harte Arbeit) genannt wurde. Weil der Cheng-Kaiser K’ang-hsi politische Schwierigkeiten hatte, eilten ihm Shaolin-Mönche zu Hilfe, die hervorragende Dienste leisteten. Aber das Kaiserhaus dankte ihnen ihre Hilfe schlecht. Sie fürchteten eine so unabhängige Gemeinschaft mit so einer großen Kampfkraft und ließen darum das Kloster niederbrennen und die Mönche töten. Aber viele Mönche entkamen und bauten nach dem Tod des Kaisers den Tempel wieder auf. Sie malten an die Wände des Klosters zahlreiche, noch heute zu bewundernde Fresken (Wandmalereien), aus denen man viel über die Geschichte entnehmen kann.

Die Lehren Bodhidharmas gerieten dann in Vergessenheit und wurden im 13. u. 14. Jh. von Jue Yuan (einem Shaolin-Priester) wieder aufgefrischt. Er erweiterte die Bodhidharma-Übungen zusammen mit den Boxmeistern Li Cheng und Bai Feng. In den Zeiten von Bodhidharma und Jue Yuan entwickelte sich die effektive Atemtechnik, bei der man sich auf die untere Bauchgegend konzentriert um über die Atmung das Ki beherrschen zu lernen, mit Hilfe dessen man eine so explosionsartige Energie freisetzen kann. Die Techniken wurden auf 170 Bewegungen erweitert und es wurden die Tierstile gegründet. Die Bekanntesten sind heute wohl der Drache, Tiger, Schlange, Kranich, Affe, Leopard. Diese Stellungen ähneln der Haltung der entsprechenden Tiere. Aus diesen 170 Bewegungen gehen viele der heutigen Kampfkünste hervor. Heute gibt es in China mehr als 400 Stile, von denen nur die wenigsten sich mit Bestimmtheit zurückverfolgen lassen und nicht alle gehen auf das Shaolin-Kloster zurück, da es damals auch noch andere Klöster gab, die sich mit Kampfkünsten beschäftigten, man aber keine Aufzeichnungen gefunden hat.


Übers Meer nach Okinawa
Okinawa ist die größte Insel in der Reihe der Riukiu-Inseln. Sie liegt im Ostchinesischen Meer, südlich von Japan und nordöstlich von Taiwan ungefähr 600 km vom Chinesischen Festland entfernt. Die heutigen Bewohner Okinawas gehen auf viele verschiedene Völker zurück, z.B. die Malayen, Mongolen und die japanischen Ainu (Ureinwohner Japans), die sich alle irgendwann mal aus Gründen wie Verfolgung durch andere Rassen, unfruchtbar gewordenes Land oder Übervölkerung auf die Suche nach einer neuen Lebensgrundlage machten. Sie hatten den Mut die 600 km lange Strecke über das Meer zu fahren und das nur mit Nussschalen ähnlichen Booten in einem sehr gefährlichen Gewässer. In der Zeit der Sui-Dynastie von 560-618 fand der erste Kontakt mit China statt, denn der Kaiser Yang Chien, war besessen davon das Geheimnis der Unsterblichkeit und wie man ein Metall in Gold verwandeln könnte, zu lüften. Er sandte deshalb Expeditionen in Richtung Osten, wo einer Legende nach die Lösung seines Traums zu finden sei. So entdeckte China die Insel Okinawa, aber erst als China im 7.Jh. Japan als eigenständigen Staat anerkannte, entstand ein reger Handel zwischen China und Japan, von dem auch Okinawa profitierte. Manche der Reisenden wurden als vermisst gemeldet. Es waren hauptsächlich Soldaten, Priester und Beamte. Man kann davon ausgehen, dass viele davon sich in Okinawa niedergelassen haben und so die Kultur Okinawas beeinflussten, da sie aus einem Land mit weitaus überlegeneren Technologien stammen. Da es zu diesem Zeitpunkt in Okinawa noch keine Regierung oder herrschende Klasse gab ist nicht viel über die Entwicklung der Kampfkünste bekannt, da niemand Aufzeichnungen gemacht hat. Die Zeit in der die Chinesische Kampfkunst nach Okinawa kam wird auf die Zeit zwischen der Sui- und der Ming-Periode geschätzt. Ein Zeitraum von ungefähr 800 Jahren. Es ließen sich auf Okinawa unter anderem auch Buddhistische Wandermönche nieder, die die Chinesische Kampfkunst mitbrachten.

Im Jahre 1372 gibt es dann schon eine Monarchie. König Sato von Okinawa erklärt sich China freiwillig tributpflichtig, wodurch ein reger kultureller Austausch stattfindet. Nach einer Zeit des Kulturellen und Technologischen Fortschritts folgte eine Zeit von Politischen Unruhen, die in Bürgerkriegen endeten. So ließ ein anderer König („Sho Shin“) sein Volk entwaffnen und beorderte den gesamten Adel in die damalige Hauptstadt Shuri, um die Unruhestifter besser unter Kontrolle zu haben. Weil nun keine Waffen mehr zur Verfügung standen, entwickelten sich rasch zwei Kampfkünste: Die Erste, „Tode“ genannt, wurde vom Adel ausgeübt. Die Zweite, bekannt als „Ryukyu Kobudo“, wurde von der Unterschicht, zumeist Bauern und Fischern, gelehrt. Beide wurden unter strengster Geheimhaltung geübt. Das „Ryukyu Kobodu“ befasste sich mit der Nutzung von Alltagsgegenständen als Waffen, wie z.B. Arbeitswerkzeugen. Zur der Zeit fand ein großer Krieg statt. Der Satsuma Clan kämpfte auf der Seite der „westlichen“ Armee unter der Führung von Ishida Mitsunari für die Belange von Toyotomi Hideyoshi’s Sohn Hideyori. Dem gegenüber stand die sogenannte „östliche Armee“ unter der Führung von Tokugawa Ieyasu. In der Schlacht von Sekigahara im Jahre 1600 prallten diese zwei gewaltigen Armeen, die insgesamt mehr als 150.000 Mann umfassten, aufeinander um die Streitigkeiten um die Vorherrschaft Japans auszufechten. Tokugawa Ieyasu ging zusammen mit der östlichen Armee als Sieger daraus hervor. Damit der Satsuma Clan die Schande der Niederlage abwaschen konnte, erlaubte man ihnen Okinawa zu erobern. 1609 war die Eroberung Okinawas beendet und die Insel verlor ihre Unabhängigkeit. Es wurden Truppen auf Okinawa stationiert, aber die okinawanische Bevölkerung arbeitete so gut wie gar nicht mit der Satsuma-Regierung zusammen, was immer wieder zu Zusammenstößen zwischen den Samurai (japanische Krieger) und den Okinawanern führte. In dieser Zeit gab es einen enormen Aufschwung in den Okinawanischen Kampfkünsten, deren Meister sich in geheimen Konferenzen trafen und sich schließlich zu einer Stilrichtung vereinten. Sie nannten den neuen Stil, der vor allem auf praktischer Anwendung beruhte einfach „Te“ (Okinawa-te), was schlicht Technik bedeutet. Diese Entwicklung im 17. Jh. schob den philosophischen Aspekt erst einmal in den Hintergrund und wurde auf das möglichst schnelle Neutralisieren des Gegners ausgelegt. Das „Te“ kann man als Mittelstufe zwischen „Tode/Ch’uan-fa“ und „Karat-te“ sehen. Es kam aber nie zu großen Kämpfen zwischen den Okinawanern und den Satsuma-Samurai, sondern immer nur zu kleineren Auseinandersetzungen. Trotz aller Bemühungen die Meister des „Okinawa-te“ zu entlarven, gelang es nie, was auch einen guten Grund hatte. Wenn die Einwohner Okinawas und die Samurai gelegentlich aneinandergerieten, kam es in manchen Fällen auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Oft gewannen die Meister des „Te“, weil durch Hartes Training der Körper und die Sinne gestählt waren und sie durch das beherrschen des „Te“ die Möglichkeit hatten, den Gegner an verschiedenen Körperstellen anzugreifen und ihn ausser Gefecht zu setzen. Dazu kam dann noch der Vorteil des Überraschungsangriffs. Denn der Samurai vermutete in dem Bauern oder Handwerker keinen Kämpfer der ihm gefährlich werden könnte.

1724 lockerte sich das Verhältnis zwischen den Okinawanern und dem Satsuma-Clan ein wenig was allerdings nur einen vorläufigen Waffenstillstand bedeutete. Zu jener Zeit bildeten sich drei führende Schulen: „Shuri-te, Naha-te und Tomari-te“. Die Stile aus Shuri (Shuri-te) und Tomari (Tomari-te) bezeichnet man als „Shorin-ryu“. Die ersten Namen, die in dem Zusammenhang bekannt wurden sind: Sakugawa, Sokon Matsumura, Yasutsune Itosu, Choshin Chibana, Chotoku Kyan, Ankichi Aragaki u.a. Die Techniken aus der Stadt Naha nannte man „Shorei-ryu“. Die ersten bekannte Namen waren Kanryo Higashionna und Yara, danach kam Chojun Miyagi, der das Goju-ryu gründete. 1868 endete die Satsuma-Herrschaft, da der jap. Kaiser die Macht übernahm und Okinawa an Japan angliederte. Die Insel wurde industrialisiert und ein umfassendes Erziehungsprogramm in Jap. Sprache eingeleitet. Im Jahre 1905 wurde Karate von Meister Itosu als Teil des Schulunterrichts in Okinawa eingeführt. Wann der Begriff „Okinawa-te“ durch „Kara-te“ ersetzt wurde ist nicht genau bekannt.


Vom Tode zum Karate
Als Tode bezeichnet man die schon in früher Zeit auf Okinawa ausgeübten Kampftechniken. Das Tode besaß anders als das im Shaolin-Kloster ausgeübte Ch’uan-fa keine Philosophischen Inhalte und wurde nur als reine Selbstverteidigungstechnik ausgeübt, um sich gegen die Satsuma-Samurai zu wehren. Im 14. Jh. entstanden viele Handelsbeziehungen zwischen China und Okinawa und die Okinawaner waren so vom großen Festland fasziniert, dass sie es Tode nannten. „To“ für alles was aus China kommt, selbst für das Land selbst. „De“ bedeutet im Okinawanischen Technik. Zusammengesetzt also „Tode“=“Technik aus China“ oder „Technik des Kontinents“. Die Okinawaner lernten ihre Techniken von Chinesischen Einwanderern (siehe auch: Übers Meer nach Okinawa)

Später entwickelte sich aus „Tode“ und „Ch’uan-fa“ das „Okinawa-te“ (Technik aus Okinawa). Nachdem die Zeiten unter Fremdherrschaft vorbei waren, gingen die Meister an die Öffentlichkeit und das Okinawa-te wurde Anfang des 20. Jh. in „Kara-te“ umbenannt. „Kara“ bedeutet im jap. leer, „Te“ bedeutet im Jap. Hand, also „Kara-te“=leere Hand. Interpretiert: Man verteidigt sich mit Leeren Händen und ohne Waffen. Das ist die ursprüngliche Bedeutung von Karate. Es gibt aber noch eine zweite Bedeutung, nämlich die Philosophische. So ist mit leer gemeint, dass man sich von allen egoistischen und selbstsüchtigen Gedanken freimacht. Bescheiden und mutig seine Lebensziele verfolgt. „Denn Karate fängt nicht mit Trainingsanfang an und hört mit Trainingsende auf, sondern findet während des gesamten Lebens statt“. Die vielen verschieden Stile entwickelten sich auf Okinawa, weil die Meister alle eigene Interpretationen der Katas und Techniken hatten und so ihre eigenen Stile entwickelten. Meister ist z.B. der Stil zugeordnet. Er brachte das Karate nach Japan und versuchte es der Weltbevölkerung zugänglich zu machen, was aber erst dann gelang, als man einen großen Dachverband gründete und Karate als Wettkampfsport einführte. Der Sinn des Karate liegt eigentlich im schnellen Neutralisieren des Gegners und nicht im sammeln von Punkten durch völlig risikoreiche Techniken, die viel zu gefährlich wären, um sie im echten Kampf einzusetzen. Wir sind keine Feinde von Wettkämpfen, aber es sollte nicht das Hauptziel sein, besser als alle anderen werden zu wollen. Die Philosophie des Karate kann man nicht erklären, jeder muss selbst versuchen sie zu verstehen und zu leben.